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Nachdem die erste Woche des
Bretagne-Urlaubs fußballfrei blieb, ging es nun Schlag auf
Schlag. Keine 24 Stunden nach dem Abpfiff in Brest saß ich für
den zweiten Ground der Reise im Auto. Für die Montagabend-Partie
zwischen Guingamp und Montpellier ging es gen Osten, in die
Stadt, deren Name wohl nicht nur ich nicht fehlerfrei
aussprechen kann. Natürlich war mir Guingamp als Fußballfan seit
jeher ein Begriff. Wo die Stadt liegt und wie das Stadion von
„En Avant“ (Vorwärts) aussieht hat mich bis vor kurzem jedoch
keinen Gedanken gekostet. Das änderte sich nun natürlich.
Guingamp ist eine denkbar kleine Stadt mit nur gut 7.000
Einwohnern an der Nationalstraße 12, eine Stunde von unserem
temporären Heim Brest entfernt. Obwohl auch das Umland dünn
besiedelt ist, fasst das Stade de Roudourou stolze 18.000
Zuschauer. Ein Missverhältnis zwischen Stadiongröße und
Einwohnerzahl, das man so im Profifußball wohl nur sehr selten
findet. Auch wenn die lokale Konkurrenz aus Brest und Lorient
derzeit erstklassig spielt, grüßt EA Guingamp aus dem modernerem
und größerem Stadion.
Verstecken muss man sich auch sportlich
nicht. Immerhin spielte man in den vergangenen dreißig Jahren
dreizehn Spielzeiten in der höchsten französischen Spielklasse.
Seit dem letzten Abstieg 2019 scheint man die Ligue 2 als
natürliches Habitat angenommen zu haben und belegt dort Jahr auf
Jahr einen einstelligen Tabellenplatz. Ich war gespannt, was
mich beim Duell mit Montpellier erwarten würde. Bevor es ins
Stadion ging, galt es eine heutzutage ungewohnte Hürde zu
nehmen. Ich hatte noch kein Ticket, da der Klub seinen
Online-Shop aufgrund früherer Hacker-Angriffe für ausländische
Nutzer gesperrt hat. Laut der Geschäftsstelle sollte es jedoch
eine Tageskasse gegeben. Nach etwas Fragerei und Lauferei hatte
ich diese auch gefunden und mich mit einer Karte für den
Oberrang der Haupttribüne eingedeckt. Hier hatte ich eine gute
Sicht auf den Rasen und beide „Kurven“. Naja, immerhin auf der
Heimseite ging mehr als erwartet. Ein recht junger und
ausdauernder Mob begleitete die Hausherren über 90 Minuten mit
seinen Gesängen. Mit zwei Zaunfahnen protestierte man gegen die
wahnwitzige Anstoßzeit am Montag um 20:45 Uhr. Folgerichtig war
der Gästeblock nur spärlich gefüllt.
Vor etwas mehr als 7.000 Zuschauern (eine
wohl zufällige Parallele zur Einwohnerzahl) nahmen die Gastgeber
im ersten Durchgang das Heft in die Hand. In einer recht
fahrigen und von vielen Fehlpässen durchsetzten ersten Halbzeit
kam Guingamp zu mehreren guten Chancen. Der Siegtreffer
resultierte jedoch aus einem Patzer des Torwarts, der einen aus
der Spielfeldmitte gechippten Ball an der Strafraumkante
abfangen wollte und einen Schritt zu spät kam. EAG-Stürmer Gomis
war schneller und sein Kopfball fand den Weg ins leere Tor
(28.). Montpellier, immerhin französischer Meister von 2012, kam
in 90 plus vier Minuten zu genau zwei Möglichkeiten. Eine davon
hätte in der Nachspielzeit fast den Ausgleich gebracht. Das
schlussendliche 1:0 spiegelte den Spielverlauf jedoch besser
wider. Auch wenn das Spiel und die Atmosphäre nicht wirklich
viel hergaben, war mein Einsatz für einen schmucken
Zweitligaground überschaubar. Bei dem erlebten Niveau aus
verstolperten Bällen und haarsträubenden Pässen auf fünf Meter,
muss mir jedoch kein Manager mehr mit einem „Top-Spieler“ aus
Frankreichs zweiter Liga kommen.
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